Mit seinen aussergewöhnlichen Schwarz-Weiss-Aufnahmen gehört Don Worth (1924 – 2009) zu den einflussreichsten amerikanischen Landschafts- und Pflanzen-Fotografen des 20. Jahrhunderts. Er war der erste Vollzeit-Assistent des legendären Ansel Adams (1902 – 1984) und unterrichtete 30 Jahre lang Fotografie an der San Francisco State University, neben seiner Arbeit als ausgebildeter Komponist und Pianist. Ab 1960 widmete Don sein Leben fast vollständig der Fotografie und züchtete nebenbei seltene subtropische Pflanzen, deren Schönheit und Perfektion ihn schon immer fasziniert hatten. Seine in der Dunkelkammer von Hand entwickelten Silber-Gelatine-Fotografien, aufgenommen mit den besten Grossformat-Kameras seiner Zeit, sind sowohl technisch als auch ästhetisch erlesene Kunstwerke.
Don Worth stand in engem Kontakt mit Vertretern der berühmten «group f/64» amerikanischer Fotografen der US Westküste, welche von Edward Weston (1886 – 1958), Imogen Cunningham (1883 – 1976), Ansel Adams und anderen Pionieren 1932 gegründet worden war. Das Manifest der Gruppe kann als Gegenreaktion zum vorherrschenden Piktorialismus des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts verstanden werden. Die Vertreter von f/64 wollten weg vom impressionistisch angehauchten Stil, wie er im Werk von Alfred Stieglitz (1864 – 1946) und anderen Fotografen um die Jahrhundertwende kulminierte. Die West-Coast-Schule strebte eine moderne, reine Bildsprache an – «pure photography» –, charakterisiert durch Wahrhaftigkeit, Klarheit und maximale Schärfentiefe.
Inspiriert von den Gemälden Georgia O’Keeffes (1887 – 1986) sowie Vertretern von f/64, entwickelte Don Worth seinen unverkennbaren fotografischen Stil. Seine Liebe zur Natur, insbesondere zu Bäumen, Blättern, Blumen und Sukkulenten, geht auf seine naturverbundene Kindheit auf einer abgelegenen Farm in Iowa zurück, aber auch auf die reichhaltige Flora Kaliforniens rund um das Becken von San Francisco. Dort, in seinem Haus in Marin County, kultivierte und fotografierte er vier Jahrzehnte lang subtropische Pflanzen in seinem üppigen Garten mit Gewächshaus.
Don Worths meditativ wirkenden Fotografien sind präzise komponierte Kunstwerke, die den Betrachter dazu einladen, die faszinierende Schönheit der floralen Welt in sich aufzunehmen. Eine besondere Vorliebe entwickelte der Fotograf für Kakteen und Sukkulenten mit ihren regelmässigen, fast abstrakten Mustern im wechselnden Spiel des Lichts. Ihre Formen erinnerten ihn an Mandalas und andere ikonische Zeichen.
Für Don war Fotografie mehr als nur das präzise Abbilden der Welt der Erscheinungen. Fotografie war eine Form der Meditation, verbunden mit erhöhter Achtsamkeit und tiefer Hingabe. Durch den Prozess des Fotografierens und Entwickelns lernte er einersetis sich selbst besser kennen, andererseits verstand Don Worth seine Arbeit als Berufung, die Natur in ihrer Fülle, Schönheit und Ordnung zu erforschen. Dabei ging er als Künstler über das Sichtbare hinaus und entschlüsselte die spirituelle Essenz des Seins.
Heute, ein Jahrzehnt nach seinem Tod, sind Don Worths Fotografien begehrte Sammlerstücke und werden oft für Tausende Dollar gehandelt. Seine Aufnahmen sind in über 30 Sammlungen und Museen vertreten, vor allem in den USA. Dazu gehören das Museum of Modern Art (MoMa) und das Metropolitan Museum of Art in New York, das J. Paul Getty Museum in Los Angeles, das Chicago Art Institute, die Australian National Gallery in Canberra, das Yokohama Museum of Art in Japan und viele mehr.
Trotz mehr als 100 Ausstellungen zu Lebzeiten sind Don Worths Arbeiten in Europa bisher fast nur Sammlern und Liebhabern bekannt. Mit der Trbute-Ausstellung FLORAL MEDITATION widmet WBB GALLERY dem Altmeister die erste grössere Retrospektive ausserhalb der USA. Gezeigt werden 26 handgefertigte Vintage-Drucke subtropischer Pflanzen, aufgenommen zwischen 1960 und 2004, alle einzeln von Hand hergestellt, geprägt und signiert. Einige besonders seltene Fotografien aus einer Privatsammlung, in Auflagen von nur wenigen Abzügen, werden erstmals überhaupt gezeigt.
Ergänzt wird die Ausstellung durch großformatige Aquarelle und Farbstift-Zeichnungen von Pflanzen und Blüten der Schweizer Malerin Irma Haussener (*1954). Die Künstlerin lässt sich seit Jahrzehnten von Blumen inspirieren und malt überdimensionierte Pflanzen mit grosser Hingabe. Don Worth wäre sicher begeistert gewesen von ihren Bildern, so wie damals, als er in den 1950er-Jahren Georgia O’Keefe kennenlernte.
Ebenfalls zu sehen bei WBB sind unterschiedliche Vintage-Prints weiterer amerikanischer Fotografen wie Brett Weston (1911 – 1993), Jerry Uelsmann (*1934), John Wimberley (*1945) und Jock Sturges (*1947), ferner zwei Original-Abzüge von Steve McCurry (*1950).
Die Ausstellung FLORAL MEDITATION: A Tribute To Don Worth ist ein Muss für alle, die sich für die Geschichte der Schwarz-Weiss-Fotografie interessieren, aber auch für Menschen, die sich für die zeitlose Schönheit von Pflanzen begeistern.


Information
- Ort:
WBB GALLERY, Trittligasse / Neustadtgasse, CH-8001 Zürich • Anreise - Dauer:
21. November 2020 – 15. Mai 2021 - Öffnungszeiten:
Fr & Sa jeweils 14 – 18 h, sowie nach Vereinbarung • Geschlossen vom 20. Dezember bis 7. Januar - Zürcher Galerie-Wochenende:
Am Sa/So 21. & 22. November ist die Galerie von 14 – 18 h geöffnet - Eintritt: CHF 10.–
- Kontakt & Führungen:
Peter Wallimann • +41 (0)79 388 73 09 • info@wbb.gallery - Corona-Hinweis:
Aktuell dürfen sich maximal acht (8) Besucher gleichzeitig in der Galerie aufhalten; bis auf Weiteres herrscht Maskenpflicht. Vielen Dank für Ihr Verständnis.